Trennung zwischen strategischer und operativer Ebene
Mit der Zweiteilung des Programms Gesamtmobilität ergibt sich auch die Möglichkeit einer differenzierten Beschlussfassung zu den verschiedenen Teilen. Dabei ist vorgesehen, dass der Kantonsrat die strategischen Leitplanken setzt und somit den verkehrsmittelübergreifenden Strategieteil in einer Botschaft mit einem Entwurf eines Kantonsratsbeschlusses beschliesst. Die operative Umsetzung mit den konkreten Massnahmen liegt in der Verantwortung des Regierungsrats. Dieser unterbreitet dem Kantonsrat alle vier Jahre ein Planungsbericht zur Umsetzung des Programms Gesamtmobilität (kurz: Massnahmenprogramm Mobilität) zur Kenntnisnahme.
Die Grünliberalen Luzern begrüssen diese Trennung und gehen davon aus, dass auf Stufe Regierung grössere Chancen bestehen, um die verkehrspolitischen Ziele durch konkrete Massnahmen erreichen zu können.
Entwicklungen
Der Planungsbericht zeigt die zu erwartenden demografischen, gesellschaftlichen, raumplanerischen sowie technischen und technologischen Entwicklungen auf und bietet auch einen Ausblick auf neue Angebotsformen. Der Bericht nimmt viele dieser Entwicklungen als gegeben und nicht beeinflussbar an. Eine weitere grenzenlose Zunahme der Mobilität ist aus Sicht der glp Luzern jedoch nicht einfach hinzunehmen und soll nach dem Prinzip «Vermeiden» mit geeigneten Massnahmen verhindert werden. Aussagen wie «womit die Dominanz des MIV in diesem Segment schwer zu brechen ist» klingen bereits nach Kapitulation und sind zu streichen. Im Bereich der technischen und technologischen Entwicklungen haben wir festgestellt, dass mit «Cargo sous terrain» ein Jahrhundertprojekt mit positiven Auswirkungen auf den Güterverkehr mit keinem Wort erwähnt wird und zu ergänzen ist.
Herausforderungen
Die zukünftigen Herausforderungen werden auf Basis des Drei-Säulen-Modells der nachhaltigen Entwicklung separat nach Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt dargestellt. Im Bereich der wirtschaftlichen Herausforderungen wird im Bericht aufgezeigt, wie hoch der relative, volkswirtschaftliche Kostendeckungsgrad der verschiedenen Verkehrsformen ist. Es fehlen jedoch absolute Zahlen darüber, z.B. wie hoch die 14% ungedeckten Kosten im MIV im Vergleich zu den 55% der ungedeckten Kosten im öV sind. Ebenfalls sollen im Bericht die zusätzlichen Kosten aufgezeigt werden, welche beim öV aufgrund der Kapazitätsengpässe durch zusätzlich benötigte Buskurse anfallen.
Bei den umweltpolitischen Herausforderungen fehlen aus Sicht Grünliberalen Luzern unter anderem die Herausforderung der Stromerzeugung sowie der Herstellung und Entsorgung von Batterien im Zusammenhang mit der E-Mobilität.
Verkehrspolitische Ziele
Basierend auf den absehbaren Entwicklungen und Herausforderungen wurden im Bericht die verkehrspolitischen Ziele definiert. Diese folgen dem Prinzip der 4V Verkehr vermeiden, Verkehr verlagern, Verkehr vernetzen und verkehr verträglich abwickeln. Die Ausrichtung auf dieses Prinzip begrüsst wir ausdrücklich. Ergänzend soll jedoch einleitend auch das Prinzip der Flächeneffizienz prominent in einer Grafik aufgenommen werden. Wir empfehlen zudem, dass die Prinzipien der 4V und der Flächeneffizienz bereits auf das Strassenbauprogramm 2023-2026 angewendet und die darin enthaltenen Projekte neu priorisiert werden sollen.
Die verkehrspolitischen Ziele werden einerseits wieder nach Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt und andererseits nach Raumtyp (Urbaner Raum, Raum mit dichten Siedlungen, Ländlicher Raum mit kompakten Siedlungen und naturgeprägter Raum) definiert. Vor allem bei den Zielen nach Raumtyp gibt es aus unserer Sicht noch Vorbehalte. So wird aus dem Bericht nicht ersichtlich, ob es sich bei der angestrebten Entwicklung der Mobilität nach Verkehrsmittel um eine relative (Modal-Split) oder absolute Entwicklung handelt. So hätte ein gleichbleibender Modal-Split im Bereich MIV bei der erwarteten Mobilitätszunahme eine weitere Zunahme des absoluten Autoverkehrs zur Folge, was unbedingt zu vermeiden ist. Die Ziele sind zudem messbar und somit kontrollierbar zu definieren.
Die glp Luzern ist weiter der Meinung, dass die formulierten Ziele zu wenig weit gehen und hier nachgebessert werden muss. So soll gemäss Bericht z.B. für den MIV die heutige Erreichbarkeit in den urbanen Räumen erhalten bleiben. Es ist jedoch illusorisch, für den MIV den Status-Quo zu versprechen. Eine Priorisierung von flächeneffizienten Verkehrsmitteln sowie dem FVV in urbanen Räumen zu Lasten des MIV ist sowohl innerhalb des urbanen Raumes, zwischen urbanen Räumen wie auch für Fahrten mit Ziel im urbanen Raum alternativlos. Unbestritten ist, dass die Erreichbarkeit mit dem MIV für jene sichergestellt sein soll, welche auf ein Auto angewiesen sind. Dieser Personenkreis ist jedoch abschliessend zu definieren.
Strategische Stossrichtungen
Die strategischen Stossrichtungen zeigen auf, wie die Ziele des Projekt ZuMoLu erreicht werden sollen. Sie sind gegliedert in die Themen Gesamtverkehr, Fussverkehr, Veloverkehr, öV, MIV, Verkehrssicherheit, Finanzierung und Güterverkehr und beschreiben das Vorgehen zur Erreichung der definierten Ziele.
Wir begrüssen, dass die Einführung von leistungs- und auslastungsabhängigen Preisen bei allen Verkehrsmitteln zum Brechen der Verkehrsspitzen und zur Lenkung der Verkehrsnachfrage geprüft werden soll. Durch ein besseres Mobilitätsmanagement können Verkehrsspitzen massiv reduziert werden. Neben technischen Massnahmen im Strassenverkehr und Mobility Pricing können hier auch flexiblere Arbeitszeiten und angepasste Schulzeiten einen grossen Beitrag gegen denn unnötigen Ausbau von Strasse und Schiene leisten. Hier sind Akteure auf allen staatlichen Ebenen in der Verantwortung. Der Einsatz von Geldern in Infrastrukturprojekte ist konsequent an Kriterien zur Verkehrsvermeidung und zur Glättung von Verkehrsspitzen zu binden. Weiter begrüssen wir auch die Stossrichtungen zum Veloverkehr. Neue Velo-Schnellstrassen verbessern die Lebensqualität und die Attraktivität des FVV in Städten, Agglomerationen wie in ländlichen Gebieten.
Als eine zentrale Stossrichtung im Bereich Gesamtverkehr, sollen die Vorteile der Digitalisierung (Home-/Remote-Office) auch zur Vermeidung von Verkehr voll ausgeschöpft werden. Entsprechend sollen auch ausserhalb des Handlungsfeldes Mobilität entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, um dieses Arbeitsmodell gezielt zu fördern und auch langfristig und nachhaltig zu integrieren. Die Corona-Krise hat exemplarisch gezeigt, wie wichtig die Verbreitung von digitalen Hilfsmitteln wie Videokonferenzen und Telearbeit sowie eine gut funktionierende Infrastruktur sind. Wenn wir die nötigen Investitionen in die Digitalisierung und die Mobilität koordiniert planen, sparen wir nicht nur viel Geld, wir erhöhen auch den Komfort für alle und schonen die Umwelt. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinkt die Schweiz bei der Digitalisierung aber hinterher und bei der Mobilität setzen wir immer noch weitgehend auf Ausbau statt auf cleveres Verkehrsmanagement und Verkehrsvermeidung. Digitalisierung darf kein Schlagwort bleiben, vielmehr muss die Politik die riesige Chance endlich beim Schopf packen und sie in allen Bereichen prioritär und koordiniert vorantreiben.
Zukunftsgerichtete Mobilitätslösungen sind ein wichtiger Ansatz. Mobilitätsplattformen müssen dabei über die Kantonsgrenzen hinaus gedacht werden. Es braucht gemeinsame Datenstandards und Interoperabilität innerhalb der Bundesverwaltung sowie zwischen Bund und Kantonen. Die Entwicklung von Insellösungen ist gezielt zu vermeiden.